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3. Polare Stratosphärische Wolken / Polar Stratospheric Clouds (PSC)

Wie die Leuchtenden Nachtwolken (NLC), so sind auch die PSC eine recht selten zu beobachtende Erscheinung. Wer nun feststellt, davon wohl noch nichts gesehen zu haben, der steht ganz gewiß nicht alleine da. Die NLC sind ja doch vielen Himmelsbeobachtern in Wort und Bild z.B. aus „Sterne und Weltraum" (SuW) oder von eigenen Beobachtungen, vorzugsweise aus Norddeutschland, bekannt; z.B.[1][2][3]... [oder hier]

Von den sogenannten Perlmutterwolken (Nacreous Clouds im englischsprachigen) gab es jedoch bisher für mich nicht allzu viel zu hören bzw. zu sehen. Heutzutage wird meist der Überbegriff „Polare Stratosphärische Wolken / Polar Stratospheric Clouds (PSC)" verwendet. Beobachtungsberichte sind im wesentlichen auf Skandinavien, Schottland, Alaska oder die Antarktis beschränkt. Wie die (noch höher gelegenen) NLC, befinden sich auch die PSC nicht mehr in der wetterbestimmenden Schicht der Troposphäre. Erfolgte Höhenbestimmungen ermittelten Werte zwischen etwa 16-30km über Grund. Somit sind sie in der Stratosphäre angesiedelt (NLC ca. 83km, Mesosphäre / Mesopausenbereich).

Während eines Aufenthaltes in Finnisch-Lappland (ca. 67.7°N, 24.5°E) sollten sich im Januar 2001 neben den erhofften Polarlichtern und phantastischen Dämmerungsbildern auch unerwartete Wolken zeigen. Auffallend lenticulare Formen in großer Höhe, teils mit Irisieren oder als hell leuchtendes Silber am mehr oder weniger noch bzw. schon erhellten Himmel (14.01. und 16.01.).

14.01.01 in der Zeit von 12-13UTC hoch im NNW über Äkäskero (unterhalb leider noch Cirrostratus und Cumulus fractus). Weitere Wolkenverdichtung ließ keine spektakulären Beobachtungen bzw. weitere Überwachung zu.

           
Äkäskero 16.01.2001 gegen Sonnenaufgang (09UTC) Richtung SE-S. Das linke Bild ist im unteren Bereich zwar hoffnungslos überbelichtet, läßt aber Irisieren bei der oberen, mehr zerfaserten Wolke erkennen (leichtes Weitwinkel). Bild rechts: Die rosafarbenen Cirren liegen unterhalb der überstrahlenden PSC. Zoomobjektiv bei ca. 90mm Brennweite. [Klick für 28KB-Version]

Bei Dunkelheit folgte am 16.01.2001 gegen 16UTC ein "Kontrollblick" des Abendhimmels (Sonnenstand etwa minus 16°! [näheres hierzu folgt evtl. baaald]). Es zeigte sich nicht nur ein sehr klarer Sternenhimmel, sondern am nordwestlichen Horizont beim Sternbild Adler waren entfernte länglich rosa-graue Wolkenbilder erkennbar. Die Betrachtung der Dias zeigt ein nettes Purpur und wieder lenticulare Formen (meist typische Effekte im Lee von Gebirgen). Troposphärische Wolken können ausscheiden, da sie aufgrund ihrer geringeren Höhe kein Sonnenlicht mehr hätte erreichen können.

Also: Perlmutterwolken?! Aufgrund der sehr geringen Winkelhöhe über dem Horizont müßten diese zudem sehr weit entfernt gewesen sein (man bedenke den tiefen Sonnenstand!).


Links oben erkennt man das Sternbild Delphin. Der hellste Stern im Bild ist Atair, der Hauptstern im Adler. 16.01.2001 ca. 15:55UTC, Objektiv 1:4/29mm und t=60“ auf Fujichrome 400. Durch die lange Belichtung bedingt, erscheinen die Wolken heller, als visuell beobachtet! [Klick für 33KB-Version]

Im "Internationalen Wolkenatlas" [4] finden sich zwei Photobeispiele bei bereits recht dunklem Himmel, die die typische Form und das silberne Leuchten meiner Aufnahmen vom 16.01. / 09UTC wiedergeben. Wer glaubt, daß die in der 09UTC-Aufnahme leuchtenden Wolken tiefer als die rosafarbenen Cirrusstreifen liegen, irrt. Es ist vielmehr so, daß die sehr hellen PSC die unterhalb liegenden dünnen Cirruswolken überstrahlt haben. Letzte Gewißheit über die Realität der PSC brachte etwas Nachforschen bei der DLR, da mir durch einen Bericht aus dem Jahr 2000 [5] [Heft 96] bekannt war, daß die PSC auch im Zusammenhang mit der Ozonforschung eine Rolle spielen. Im Zeitraum meiner Beobachtungen führte eine Gruppe der DLR um Herrn Dr. FLENTJE in Kiruna (Schweden) flugzeuggetragene Lidarmessungen durch. Aus seiner Antwort möchte ich kurz zitieren:

"In der Zeit um den 14.01. kam es in der Tat durch eine nordwestliche Anströmung und ein geeignetes vertikales Windprofil zur Ausbreitung von Schwerewellen in die Stratosphäre und dort durch die adiabatische Abkühlung zur Bildung von lenticularis PSCs über den orographischen Erhebungen Nordskandinaviens. Sie waren von Kiruna aus, und wie Kollegen berichteten auch von Sodankylä (Finnland) aus sehr gut zu beobachten."

Es werden heute (Frühjahr 2001) folgende drei Haupttypen von PSC unterschieden:
(Nach einer älteren optischen Klassifikation sind das die Typen Ia, Ib und II.)

1. Bei relativ hoher stratosphärischer Temperatur (-78°C in 50hPa) kondensierende feste "Nitric Acid Trihydrate" (NAT) Partikel / Typ Ia

2. aus einer übersättigten ternären Lösung von Schwefelsäure, Salpetersäure und Wasser bestehende flüssige Partikel (STS - "Supersaturated Ternary Solution") / Typ Ib

3. die erst unterhalb von -86°C (in 50 hPa) auftretenden Wassereis PSC / Typ II

Daneben gibt es noch diverse Misch- und Übergangsformen. Die Wassereis PSC bilden sich in der relativ warmen Arktis fast ausschließlich in Regionen schwerewellen-induzierter lokaler Abkühlung. Aufgrund ihrer typischen Partikelgrößen im Bereich der Wellenlänge des sichtbaren Lichts sind es die irisierenden Perlmutterwolken.


Mit freundlicher Genehmigung: Copyright 2001 / Dr. FLENTJE, DLR.
Aufnahmeort ESRANGE bei Kiruna am 14. Januar 2001 um ca. 1400 LT
in Richtung Südwesten mit Canon T70, 1:2.8/35mm, 1/10s, Polfilter.


Im Vergleich zur Antarktis erreicht die arktische Stratosphäre seltener die nötigen tiefen Temperaturen, um die Wassereis PSC entstehen zu lassen. Zur Entstehung der PSC tragen somit auf der Nordhalbkugel, wie oben erwähnt, oftmals Gebirge bei. Vom Prinzip ist der Entstehungseffekt also der gleiche, wie der bei den bekannten und öfter auftretenden Föhnwolken (manchmal auch wegen ihrer Form als "Ufo-Wolken" bezeichnet). Nur befinden wir uns hier in einem ganz anderen atmosphärischen Stockwerk!

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Quellenhinweise:
[1] F. KOSALLA "Leuchtende Nachtwolken" SuW 06/95 S.477ff
[2] J. RENDTEL, W. SCHRÖDER "Leuchtende Nachtwolken" SuW 12/95 S.952
[3] T. NECKEL "Leuchtende Nachtwolken vom 09./10.06.1997" SuW 07/1998 S.666ff
[4] Internationaler Wolkenatlas 2.Auflage ISBN 3-88148-264-4 Deutscher Wetterdienst
[5] M. DAMERIS / U.SCHUMANN          DLR-Nachrichten Febr. 2000      Heft 96
"Ergebnisse aus zehn Jahren Ozonforschung im DLR"
 
 

Mehr PSC-Info...
      Mehr PSC-Bilder...

Natürlich hat das Internet auch zu diesem Thema noch mehr zu bieten:
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 Hier findet sich eine schöne Auswahl von Aufnahmen vom 30.11.1999 aus Schottland und Nordengland, zusammengestellt von Martin BROWN. Ebenso gibt es dort Erklärungen und weitere Web-Links... 
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 Hier gibt es die Seiten des THESEO 2000-Projekts (Third European Stratospheric Experiment on Ozone)  oder...
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 ... direkt zu noch mehr Bildern / Kiruna Januar 2000
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 Infoseite des Arbeitskreis Meteore e.V. 
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 Auf den Seiten des Swedish Institute of Space Physics (IRF) findet sich eine hübsche Bildergalerie mit Aufnahmen seit 1996.
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 IAP Kühlungsborn - Abteilung Optische Sondierungen 
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 IAP Kühlungsborn - Department Optical Soundings 
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 Institut für Physik der Atmosphäre / DLR     Übersicht der Arbeitsgruppe LIDAR
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 Anschauliche Darstellung (teils gewitzt und dadurch leicht verständlich) zum Ozonabbau. Unter anderem: "Wie koche ich ein Ozonloch?" Elmar UHEREK - MPI für Chemie Mainz 
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 Online PSC information ALOMAR RMR LIDAR: Latest Measurement (Campaign Pages); only in wintertime. Aktuelle PSC Lidarmessungen - nur im Winter verfügbar.
   Weitere Web-Links ():
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 "Meteorological Analyses and Forecasts for the Arctic Stratosphere" Forecasts stopped!!! Analyses continously available! Institut für Physik der Atmosphäre / DLR       PUBLICATIONS
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 Radiosondenaufstiege / Upper Air - Radiosonde Data (Germany + worldwide)
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 aric Department of Environmental and Geographical Sciences / Manchester Metropolitan University: Encyclopedia of the Atmospheric Environment  (There please choose the link “Ozone Depletion” on the left – if you don’t find other interesting topics…)
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 "Ozone's Problem with Polar Stratospheric Clouds"; 
Dr. Thomas G. CHASTEEN / Sam Houston State University's Department of Chemistry


Photographs and text are copyright ©2001-2008 Olaf SQUARRA if not mentioned otherwise.

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